Reitkunst – was bedeutet das eigentlich?
Wieso stelle ich diese Frage? Ganz einfach: Weil sie mir so oft gestellt wird. Was passiert da in der Reitbahn? Man sieht ja gar nichts!?
Die Antwort ist:
Die meisten Menschen assoziieren mit dem Begriff „Reitkunst“ offensichtlich immer noch das Showreiten in barocken Kostümen und/oder die Schulen über der Erde. Auf jeden Fall muss das etwas Spektakuläres sein! Dann schauen diese Menschen beim Unterricht zu und sind total enttäuscht. Das war nicht das, was sie sich erhofft hatten. Alles ist total unspektakulär. Noch schlimmer: „Da passiert ja gar nichts! Da bezahl ich doch kein Geld für!“ Dann entscheidet man sich doch lieber für den Reitsport-Unterricht. Da kommen Pferd und Reiter wenigstens ordentlich ins Schwitzen.
Hier muss offensichtlich noch gaaanz viel Aufklärungsarbeit geleistet werden:
• Nein, Reitkunst ist KEINE Show! Aber natürlich kann man eine draus machen.
• Nein, die Pferde werden nicht dressiert. Wir sind nicht im Zirkus – sie sollen keine Kunststücke und Tricks lernen.
• Nein, die Pferde werden nicht gezwungen Dinge zu tun, die sie normalerweise nicht tun würden.
• Nein, die Pferde piaffieren nicht ständig.
Was aber ist Reitkunst denn nun wirklich?
Reitkunst ist neben den handwerklichen Fähigkeiten (also das Reiten und die Arbeit am Boden)
• Kommunikation zwischen Mensch und Pferd – zuhören, fühlen, verstehen
• Pädagogik – die Kunst, den Schüler Pferd zu führen
• Wissen um die Anatomie und Zusammenhänge im Körper und deren Einfluss auf die Psyche
und erfordert eine nicht zu unterschätzende Menge an Selbstdisziplin, Empathie, Feingefühl, Geduld und Zeit. Das Pferd als Partner wertzuschätzen und ihm ein Mitspracherecht einzuräumen ist oberste Priorität. Es geht fortlaufend darum herauszufinden, was dem Pferd helfen könnte, seine körperliche und geistige Balance zu finden. Die eigentliche Arbeit findet größtenteils im Kopf statt! Reitkunst ist ebenfalls eine Geisteshaltung.
Wenn das Pferd erst verstanden hat, wie es seinen Körper nutzen kann, erfüllt es seine Aufgaben scheinbar mühelos, stolz und ohne Stress. Und kommt deshalb auch nicht ins Schwitzen. Und der Reiter auch nicht.