Heute möchte ich etwas über die Freiarbeit mit dem Pferd schreiben. Freiarbeit – so wie ich sie verstehe – macht nicht nur Spaß, sondern sie kann vor allem eins sein: sehr nützlich zur Überprüfung der eigenen Kommunikationsfähigkeit.
Egal, was der Mensch macht – das Pferd quittiert es umgehend. Wenn es nicht wie erwartet reagiert, wäre es der völlig falsche Ansatz zu denken, das Pferd verstehe uns nicht. Vielmehr sollte man sich fragen: habe ich wirklich gesagt, was ich gemeint habe? Mit anderen Worten: stimmen meine Worte und meine Körpersprache überein? Denn das ist nicht immer ganz einfach und unsere ausgesandten Signale werden widersprüchlich. Das Pferd reagiert zwar in irgendeiner Weise, jedoch ist es oft nicht die Reaktion, die wir erwartet oder erhofft haben. Denn selbst wenn das Pferd vermeintlich gar nicht reagiert, hat es bereits reagiert.
Die Bilder sind klickbar!
Auch Videos, die man von sich selbst macht, können eine wertvolle Hilfe sein, weil man später in aller Ruhe Situationen noch einmal von außen betrachten kann. Dabei sind folgende grundlegende Punkte maßgeblich (Achtung: Deren ehrliche Beantwortung kann auch mal wehtun!):
- Meine Präsenz – Wer bin ich?
- Meine Position – Wo stehe ich?
- Mein Leben – Kann ich Parallelen zu meinem Alltag ziehen?
Es erfordert eine Menge Übung, Erfahrung und Geduld bis Frage und Antwort wie gewünscht zueinander passen. Wer Lust hat, macht einfach einmal ein paar „Experimente“ mit seinen Mitmenschen. Die einfachste Übung ist die folgende: Wenn Dir jemand entgegenkommt lächle und du wirst feststellen, dass ein Lächeln zurückkommt.
Pferde erkennen übrigens ebenfalls Gesichtsausdrücke. Hierzu gibt es zwei sehr interessante Studien, die ich an dieser Stelle verlinke:
Und die nächste Übung wird beispielsweise gerne in pferdegestützten Coachings genutzt, um festzustellen, ob jemand Führungsqualitäten besitzt: Fokussier Dich auf ein Ziel und gehe entschlossen darauf zu, ohne zu zögern und zu zweifeln. Du wirst feststellen: man wird Dir sehr wahrscheinlich Platz machen. (Nein! Jetzt bitte niemanden umrennen! 😉)
Wenn Du darauf achtest, wie Deine Umwelt auf Dich reagiert und wie Du sie beeinflussen kannst, wirst Du irgendwann kreativ werden. Probiere Dich aus und schule Dich in der nonverbalen Kommunikation! Das wir Dir garantiert helfen, eindeutiger mit Deiner Umwelt zu kommunizieren.
Denn in der Freiarbeit machst Du nichts anderes. Du setzt Deine Körpersprache ein und beobachtest und bewertest die Reaktion des Pferdes. Am Anfang sind Deine Signale wahrscheinlich sehr groß und überdeutlich. Das macht nichts und ist sogar ratsam, denn dann wird Dir bewusst, was Du tust. Mit zunehmender Routine werden sie immer kleiner und schließlich fast unsichtbar werden. Dieser Zustand des beiderseitigen Verstehens sollte das Ziel sein, denn das ist der größte gegenseitige Vertrauensbeweis.
Schau also genau hin, wenn Du jemanden bei der Freiarbeit beobachtest! Manchmal sieht etwas zwar hübsch aus, aber in Wahrheit ist es das nicht. Oft wird mit Druck und Zwang gearbeitet und das hat mit „Frei“arbeit nichts zu tun. Ein Pferd psychisch unter Druck zu setzen ist nicht wirklich schwer. Unter dem Schaden, den es davon trägt, wird es sein Leben lang leiden.
Das Pferd ist dein Spiegel.
Es schmeichelt dir nie.
Es spiegelt dein Temperament.
Es spiegelt auch deine Schwankungen.
Ärgere dich nie über dein Pferd;
Du könntest dich ebenso
über deinen Spiegel ärgern.
(Rudolf G. Binding)
